© Dark Wulf
In einer Seitenstraße hatte er eine verdächtige Bewegung ausgemacht. Es war tiefschwarze Nacht und das spärliche Licht seiner Sturmlaterne reichte gerade so aus um den Weg vor ihm aus zu leuchten. In ihm kam eine leichte Unruhe auf und er versuchte die Gedanken beiseite zu wischen, die eine negative Stimmung erzeugten. Vielleicht waren es wieder herumlungernde Bettler oder wieder diese lästigen Alkoholiker, wer wusste das schon. In der schmalen Gasse war außer herumliegendem Müll nichts zu entdecken.
Dennoch wollte er sich dort noch einmal genauer umsehen um wirklich sicher zu gehen. Er schlich weiter voran und war nach wenigen Metern an einer Querstraße angekommen, die die Gasse kreuzte. Wieder hielt er Ausschau und suchte gezielt alle Ecken ab, die schwer ein zu sehen waren. In einer dieser fand er einen Kleidungsfetzen, der an einer ausgefransten Ecke rot gefärbt war.
Prüfend nahm er den Fetzen auf, der sehr dünn war und eine blaue Farbe aufwies. Er drehte und wendete ihn, konnte jedoch keinen weiteren Hinweis erhalten. Er faltete es einmal in der Mitte und verbarg es unter seiner Brustplatte, die schon ihre besten Tage hinter sich hatte, aber noch genug Schutz bot. Stimmen drangen an sein Ohr, die Ärger prophezeiten.
Schnell hatte er sich umgewandt und sah zwei wankende Gestalten, die noch große Bierhumpen in den Händen hielten und damit wild umher wedelten. Als sie den Gardisten wahrnahmen, standen sie alle nur noch einen halben Meter auseinander. >> Was wills´te de * hick * << pöbelte einer der beiden. Der andere war zusammengebrochen, erbrach sich auf das Pflaster und wälzte sich dabei. >> Ich ha … dir die Fre … * rülps * .
<< Den Gardisten ließ dies völlig kalt und er blickte dem Pöbelnden mitten in die geröteten Augen. Dieser aber machte keine Anstalten ruhig weiter seines Weges zu gehen und wurde zusehends feindseliger. Jetzt erhob dieser seine Faust und wollte die Nachtwache niederschlagen. In diesem Moment zertrümmerte ein Armbrustbolzen den Humpen, den der Angreifer noch in der linken Hand gehalten hatte.
Schreiend ließ der sofort ab und hielt sich die blutende Hand, die er sich an den entstandenen Scherben verletzt hatte. >> Gibt es hier ein Problem ? << rief ein älterer Gardist, der die Armbrust gerade hatte sinken lassen und mit strengem Blick den jaulenden Pöbler ansah. >> Ne … Nein. << erwiderte dieser sofort, während er weiter lief. Der Zusammengebrochene lag immer noch da und war fern jeder Realität.
>> Hallo Ottmar ! << grüsste der Ältere seinen Kollegen. >> Grüss dich Beran, alter Scharfschütze. << Es ist Wachwechsel ! << rief Beran heiter. >> Zwar ein bisschen früh, aber dennoch erfreulich. << antwortete Ottmar. >> Irgendwas besonderes ? << >> Ich habe diesen Fetzen gefunden, der einen Blutflecken hat. << Ottmar wedelte mit dem Fetzen vor Berans Augen. >> Gut zu wissen. << >> Ich brauche dir ja nicht zu sagen, das du die Augen offen halten solltest. << >> Du kennst die Antwort. << entgegnete Ottmar und grinste dabei ein wenig.
Die Sonne erhellte die Umgebung und reflektierte an den Dächern der rot gedeckten Fachwerkhäuser. Ein blauer Himmel kam zum Vorschein und ein Vogelschwarm zog gen Süden davon. Es war noch sehr früh und die wenigen Turmuhren zeigten an, das es kurz nach fünf war. Wie jeden Morgen stieg ein rundlicher Mann die knarrenden Treppenstufen des Turmes hinauf und führte dabei eine kleine Tasche mit sich. Seine Aufgabe bestand darin das alte Uhrwerk auf zu ziehen und zu warten.
Was er jedoch an diesem Morgen fand überraschte auch den Altgedienten sehr. Zwischen zwei der großen Räder fand er etwas das sich dort eingeklemmt hatte. Als er es mühsam entfernt hatte tastete er die rauhe Oberfläche ab. Es konnte seiner Meinung nach kein tierischer Knochen sein, den er in seinen Händen hielt. Er nahm sich vor den nahegelegenen Metzger zu befragen, der sich damit wohl auskennen dürfte.
Zwar hätte er auch einen der Ärzte aufsuchen können, dies hätte allerdings für zu viel Aufsehen gesorgt und bestimmt hätten nach kurzer Zeit Schaulustige den Uhrturm erstürmt. Zudem kannte er den Metzger und wusste, dass er solche Dinge für sich behalten konnte. Zügig schritt er die Wendeltreppe hinab und schloss die schwergängige Metalltür die er abschloss. Dann lief er zu dem kleinen Haus hinüber, an dem eine hölzerne Fleischwurst als Schild angebracht war.
Hastig nahm er den baumelten Strick und zog daran. Ein leises klingeln war im Inneren zu hören und nach wenigen Minuten war dann auch schon der bockige Hubert, Jürgen Rosmann an der Tür und zog diese ruckartig auf. >> Hast aber wieder früh Hunger Ulli. << polterte Jürgen ihm entgegen. >> Nicht wirklich. << gab der unruhige Uhrwart zurück.
>> Ich möchte dich etwas fragen. << setzte er schnell nach, bevor Jürgen zu Wort kam. >> Dann frag ! << >> Es geht um einen Knochen, den ich dir drinnen zeigen muss, bitte. << Drinnen deutete der beleibte auf das gefundene Objekt, während H., Jürgen Rosmann grübelte. Nach einer Weile gab der Metzger zu verstehen, das es ein Tierknochen war, der eine ungewöhnliche Härte aufwies. Auch das Tier dahinter konnte er nicht ausmachen und so gab er sich vorerst geschlagen.
Ein Monat war vergangen und Karina hatte Jarus bei sich aufgenommen. Sie hatte das Glück, das sie ein eigenes Haus besaß, denn ihr Vater hätte es ihr nicht gestattet Fremde mit nach Hause zu bringen. Früher hatten sie auch nie Besuch von Verwandten erhalten, da ihr Vater selbst dies verweigert hatte. Überhaupt war ihr Vater sehr schwierig. Deshalb hatte ihre Mutter eines Nachts wohl Hals über Kopf ihre Koffer gepackt und war für immer verschwunden.
Selbst nach dieser langen Zeit hatten sie nie wieder etwas von ihr gehört. Ab und zu fragte Karina bei der Stadtwache nach und brachte alle drei Monate neue Flugblätter an bestimmten Standorten an. Sumelian hatte während dieser Zeit seine neue Waffe erworben, mit der er jeden Tag trainierte. Auch heute war er gerade dabei einen Holzstumpf zu bearbeiten.
Dabei wechselte er immer wieder die Stellung und die Waffenhand. >> Sumelian ! <<. hörte er aus dem Haus rufen. >> Was gibt es ? << >> Es wurde ein Brief für euch hinterlegt. << >> Danke, Wirt. << Sumelian näherte sich jetzt dem Tresen im Inneren des zweigeschössigen Hauses . Der Wisch war nur einmal gefaltet und nicht gesiegelt.
Auf ihm war in krakeliger Schrift ein kurzer Text verfasst, der den Leser nach Ingelheim beorderte. Es war ein Hilfegesuch eines dort ansässigen Kirchendieners, dessen Gut sich in Gefahr befand. Sumelian kannte den Verfasser des Gesuches und entschied sich dorthin auf zu brechen. Die angrenzende Tür öffnete sich und eine junge Frau betrat die Herberge. >> Da bist du ja. << >> Karina, sei gegrüsst !<< gab der Ritter erfreut zurück. Karina schien besorgt zu sein und wippte leicht auf ihren Zehenspitzen auf und ab.
>> Ich habe gestern Nacht schlecht geschlafen und als ich mit einem Auge zum Fenster blinzelte, sah ich dort kurz einen schwarzen Schatten. << erklärte sie Sumelian von Finsterbrand zitterig. >> Es war bestimmt nur eine Einbildung, die die Vorhänge hervor riefen. << versuchte der Edle die Verängstigte zu beruhigen. >> Es war sicherlich keine Einbildung ! << >> Irgendwer beobachtete mich durchs Fenster, zum Henker ! << schrie Karina von Finsterbrand entgegen. >> Ich wüsste nicht wer … <<
>> Begreift ihr nicht, das dies keine normale Situation war ! << wurde Sumelian unterbrochen. >> Bitte macht euch keine Sorgen. << >> Ich brauche eure Hife und euren Schutz. << Der Ritter jedoch antwortete vorerst nicht und zeigte Karina den unscheinbaren Zettel vor. Als Karina gelesen hatte, begann sie zu verstehen. Jetzt tat es ihr irgendwie leid, das sie ihn so angeschrien hatte und sie verwünschte sich selbst.
Da war noch etwas anderes in ihrem Inneren, doch konnte sie im Moment nicht deuten was es war. Es verursachte ein mulmiges Gefühl und ihre Hände schwitzten. Auch ihr Puls hatte sich stark beschleunigt und sie blickte zu Boden. >> Ich weiss, dass es euch sehr wichtig ist und das euch davor graut. Ich weiss aber auch, dass ihr eine starke Frau seit, die sich zu wehren weiss, so habt ihr mir es damals gesagt. << erzählte von Finsterbrand als Karina aufblickte.
>> Es gibt da noch etwas … << >> Es geht um den Jungen. << nach einer langen Pause redete sie weiter. >> Es ist ihm ungeheuer wichtig zu erfahren, was mit seiner Mutter geschehen ist und wo er sie finden kann. << >> Ich glaube das wir die Örtlichkeiten, die er zuletzt sah genauer unter die Lupe nehmen sollten. << >> Das ist eine gute Idee, Ich habe jedoch keine Ahnung. << >> Deshalb sollten wir in Büchern nachforschen, ob es eine Gegend gibt, die auf die Beschreibung Crais passen könnte. <<
>> An welchen Ort denkt ihr, werter Ritter ? << >> In Ingelheim gibt es ein großes Archiv und ich möchte euch anbieten dorthin zu reisen, da ich dort gebraucht werde und euch beide auch in Schutz nehmen kann. << bot Sumelian Finsterbrand Karina an, die den Vorschlag dankend annahm.
Nach drei weiteren Tagen zogen sie Nachmittags auf staubigen Feldwegen dahin und rasteten gerade an einem kleinen Weinberg der von einem steinernen Kreuz flankiert wurde, unter dem wenige bereits heruntergebrannte Kerzen standen.
Karina kramte in einer ihrer Taschen eine kleine Kerze hervor und entzündete sie. Kurz sah sie in den Himmel und stellte sie zu den anderen. Sie fing an zu beten und dachte dabei an ihre verschollene Mutter und schloss Jarus und ihren Vater mit in das Gebet ein. Auch Sumelian fand sich kurz darauf ein, kniete vor dem Kreuz nieder und faltete seine Hände. Jarus trampelte in dem Weinberg umher und besah sich die großen, flachen Wackersteine die dort zahlreich vorkamen.
Nach einer Weile näherte sich eine weiße Katze, die mit denen in Frankfurt nicht zu vergleichen war. Wild tollte sie umher und sprang zwischen den Steinen herum. Dann war sie auf Jarus Bein gelandet, der sich gerade gesetzt hatte, um sie streicheln zu können. >> Ich nenne dich Scojai nennen. << machte Jarus der Katze verständlich, die zustimmend miaute. Sie umkreiste die Gruppe permanent und wich auch nach mehreren Kilometern nicht von ihrer Seite.
Erst als Abend war es ihr offenbar genug und sie wart nicht mehr gesehen. Sie überquerten eine steinerne Brücke, die über den Rhein führte und am anderen Ufer an einer besser gebauten Straße mündete. Jene ging die kleine Gruppe noch ein paar Stunden entlang und sie quartierten sich in einem kleinen Gasthaus ein, dass sich in der Innenstadt befand. Den großen Dom konnte man noch Schemenhaft erkennen und die Glocken verkündeten zehn Uhr.
Er folgte ihrer Fährte und gab seinem Pferd die Sporen. Sein Ledermantel flatterte im Wind und wieder knallte die Gerte gegen den Hinterleib des Tieres. Zorn flammte in ihm auf, den er kaum unterdrücken konnte. Fast wäre eben ein Tier unter den Hufen des Hengstes zerquetscht worden, aber es war in einen Busch gesprungen. Er zog seinen Lederhut tiefer ins Gesicht und ließ das Tier, das nahe der Überanstrengung war langsamer werden. Er schrie in sich hinein und hoffte, das er sie finden würde.
Er vermutete, dass sie bis Mainz gekommen waren und dort die Nacht verbringen würden. Noch wollte er keinen direkten Kontakt mit ihnen, da es noch zu früh war. Einige Zeit war vorüber, als er Mainz erreichte. Er nahm sich vor einen guten Aussichtspunkt zu suchen um von dort weiter zu operieren.
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